Das Gespenst der Enteignung

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oder der Kontrollverlust des Geisenfelder Bürgermeisters

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Es war eine filmreife Szene. Ein Stadtbürgermeister betritt ungebeten einen Versammlungsraum und mischt sich in die nicht öffentliche Ausschusssitzung einer Jagdgenossenschaft.Zu diesem Treffen waren der gewählte Jagdausschuss sowie die Landwirte, die größere eigene Flächen noch selbst nutzen, geladen. Es ging um die Vor- und Nachteile einer Flurbereinigung und damit verbunden um die Ängste von Grundeigentümern vor einer Zwangsenteignung bzw. vor einer aufgezwungenen Flurbereinigung.

Das plötzliche Auftauchen des Bürgermeisters, der nicht eingeladen war, wird als Ungehörigkeit empfunden. Die verdutzten Anwesenden versuchen es mit Höflichkeit. Dem Bürgermeister wird ein Grußwort gestattet, danach bittet man ihn höflich aber bestimmt, die Versammlung zu verlassen, denn die betroffenen Grundbesitzer wollen erstmal unter sich abstimmen und sich beraten lassen.

Da rastet der Bürgermeister aus. Er knallt die Bierflasche auf den Tisch und eilt schimpfend und die Tür zuknallend aus dem Raum.Minuten später kommt er zurück und droht sinngemäß mit unangenehmen Folgen.

Auch am nächsten Tag hat er sich noch nicht beruhigt. Er geht zur Lokalzeitung und spricht von einer „absoluten Frechheit“, die ihm widerfahren sei, von einem „konspirativen Treffen“und von einer „Diskreditierung seiner Person und seines Amtes“.

Der Hintergrund dieser kuriosen Entgleisung des Geisenfelder Bürgermeisters Christian Staudter wird schnell klar.Es geht um eine geplante Umgehungsstraße um Geisenfeld. Laut Verkehrsgutachten würde diese Straße eine Entlastung des Verkehrs in der Augsburger-, der Maximilian- und der Nöttinger Straße von ca. 10% bringen. Etwa 180 Anlieger an diesen Straßen hätten eine relativ geringe Verbesserung (nur 10%!) durch die Umgehung.

Andererseits sehen sich ca. 500 Grundeigentümer, zumeist Landwirte, in der Situation, dass ihnen eine unerwünschte Flurbereinigung aufgezwungen werden soll.Was aber vielen Eigentümern besonders übel aufstößt, ist der Verdacht,dass die Stadt dadurch möglicherweise Zugriff auf ortsnahe Grundstücke erhält und damit in den Besitz von Bauland bzw. Gewerbeflächen käme, im erzwungenen Tausch gegen andernorts billig erworbene Flächen.

Das heißt, der so genannte Planungsgewinn füllt den Stadtsäckel und die Landwirte zahlen die Zeche. Sie finden sich auf ortsfernen sauren Wiesen wieder, und die ortsnahen Grundstücke, die über Generationen bearbeitet worden sind, und waren sie auch noch so klein, sind plötzlich im Eigentum der Stadt.

Ein weiterer Knackpunkt: Die gebotenen Kaufsummen entsprechen in keiner Weise dem Schaden, den aktive Landwirte durch die Baumaßnahme hätten. Aus den genannten Gründen zeichnen sich für viele Grundeigentümer folgende Meinungen ab:

Die Nordumgehung verlangt ein großes Opfer von den Eigentümern, insbesondere von den noch aktiven Landwirten. Dabei verringert sie die Verkehrsbelastung laut Gutachten nur um ca. 10%. Die Landwirte wollen aber keine sinnlosen Opfer bringen.

Der Bau einer Umgehungsstraße hat nur dann einen Sinn, wenn damit eine wirkungsvolle Verkehrsentlastung für den Ortskern geschaffen wird.Viele Landwirte sehen durchaus ein, dass eine Straßenbaumaßnahme unterstützenswert sein könnte. Allerdings müssen die Rahmenbedingungen dafür fair und nach allen Seiten gerecht sein.Eine Flurbereinigung wird als Zwangseingriff in die Eigentumsrechte der Grundeigentümer abgelehnt.

Christian Staudter hat durch sein aufbrausendes und unbedachtes Vorgehen das Vorhaben einer Umgehungsstraße gefährdet und die Kontrolle darüber verloren.Wie will er die Situation retten, wenn sich eine Vielzahl von Grundstückseignern auf juristischen Widerstand zurückzieht?

Die Ortsumgehung wäre dann mindestens für ein Jahrzehnt blockiert.

Über nonbescher

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